ANFRAGE
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„Keine Veränderungen feststellbar“

In einem aktuellen Fachbeitrag setzt sich Samuel Razzak, Sales-Manager Pharma bei HEUFT, mit dem Einfluss einer Röntgeninspektion auf die Wirkeigenschaften Aktiver Pharmazeutischer Inhaltsstoffe (API) auseinander.

Was sein Kollege Stephan Bachmeier aus eigener Praxiserfahrung mit der Röntgeninspektion von API schon prognostiziert hat, bestätigen die von Razzak analysierten wissenschaftlichen Experimente und Studien: Das Risiko negativer Konsequenzen für deren Qualität und Wirkweise ist als äußerst gering zu beurteilen – vor allem für Pharmahersteller, die auf die nur bei HEUFT erhältliche gepulste Röntgentechnologie setzen. Mehr dazu erfahren Sie in einem bereits in einer Pharma-Fachzeitschrift publizierten Artikel des HEUFT-Experten, den wir hier nochmal in voller Länge veröffentlichen:

Einfluss einer Röntgeninspektion auf die API-Qualität

Die Qualitätssicherung im Herstellungs- und Verpackungsprozess von Arzneimitteln ist ein wesentlicher Schritt in jeder Produktionslinie. Um auch hohen Anforderungen gerecht zu werden, kann die Prüfung manuell, halbautomatisch oder vollautomatisch erfolgen.
Der Einsatz von Röntgen-Inspektionstechnologie hat sich auf die pharmazeutische Industrie ausgedehnt, die diese zur Erkennung von fehlenden Materialien und fehlerhaften Waren in opaken Behältern einsetzt. Sie dient der Kontrolle der Anwesenheit von Tabletten in Aluminiumfolien-Durchdrückverpackungen (Blistern), von Fremdkörpern in Produkten mit Aktiven Pharmazeutischen Inhaltsstoffen (APIs) sowie zur Füllstandkontrolle.

Regulatorische Richtlinien und Auswirkungen einer Röntgeninspektion

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat Regeln für die Exposition von Arzneimitteln gegenüber Röntgenstrahlen (3AQ4a) erlassen. Trotzdem wird der Einsatz von Röntgen-Inspektionstechnik von vielen Pharmaherstellern immer noch in Frage gestellt. Denn Röntgenstrahlen haben kurze Wellenlängen, was eine hohe Energiezufuhr bedeutet, die möglicherweise kovalente Bindungen der Moleküle aufbrechen könnte. Sie ionisieren auch Wassermoleküle und erzeugen Radikale, die zum Bruch kovalenter Bindungen führen könnten – ein Prozess, der bei der Strahlentherapie einiger Krebsarten nützlich ist.
In dieser Publikation wollen wir uns aber auf die verfügbaren Inspektionslösungen mit integrierter Röntgentechnologie und deren Auswirkungen auf die Qualität von APIs konzentrieren. Dabei möchten wir auch die Verantwortung der Pharmahersteller unterstreichen, die Röntgenprüfgeräte in ihre Produktionslinien integrieren.

Verfügbare Röntgentechnologien

Viele Pharma-Maschinenhersteller haben auf die Anforderungen des Marktes reagiert und verschiedene Technologien in unterschiedlichen Konstellationen zur Integration von Röntgengeneratoren entwickelt: Hochspannungs-Röntgenstrahler, Niedrigspannungs-Röntgenstrahler und gepulste Röntgenstrahler.
Hoch- und Niedrigspannungsröhren emittieren konstant ununterbrochene Röntgenstrahlen. Um die Belichtungszeit zu verkürzen, kann ein Verschluss (der sog. Shutter) vor der Röntgenquelle installiert werden, der aus metallischen, röntgenundurchlässigen Lamellen besteht. Dieser ist mit der Geschwindigkeit des Förderers oder des Rotators synchronisiert, so dass jedes zu prüfende Produkt für einen fest definierten Zeitraum der Röntgenstrahlung ausgesetzt ist.

Das gepulste Röntgen ist dagegen eine unterbrochene Strahlungserzeugung. Jedes zu prüfende Produkt wird für einen bestimmten Zeitraum einem Röntgen-Impuls ausgesetzt, dessen Frequenz sich an die Förder- oder Drehgeschwindigkeit anpasst. Für die gepulste Röntgentechnik gibt es bislang nur einen bekannten Hersteller: Die deutsche HEUFT SYSTEMTECHNIK GMBH verweist auf die niedrige energetische Emission der Röntgenröhren in ihren Inspektionseinheiten.

Abhängig von der Intensität und der Belichtungszeit des Röntgens kann so die Inspektionsaufgabe bewältigt werden. Jede der genannten Technologien ist jedoch nutzlos, wenn die resultierenden Bilder nicht in geeigneter Weise nachbearbeitet werden. Eine gute Bildverarbeitungssoftware, die eine empfindliche und zuverlässige Mustererkennung bietet, kann die Lücke ausgleichen, die sich nach der Exposition von durch niedrig energetischen Röntgengeneratoren erzeugten Strahlen ergibt.

Einfluss von Röntgen auf API

In einem gemeinsamen Projekt zwischen einem Maschinenanbieter und einem namhaften Pharma-Produzenten wurde der Einfluss der Röntgenstrahlung auf zwei Modellsubstanzen mit dem Einfluss der im Tageslicht vorhandenen UV-Strahlung verglichen. Der API Nifedipin ist als tageslichtsensitiv bekannt. Die Photodegradation für Nifedipin zeigt unter normalen Tageslichtbedingungen alle 30 Minuten einen Wert von ca. zehn Prozent. Tramadol HCl ist dagegen ein stabiles Produkt. Beide Modellsubstanzen wurden zwei Stunden lang einer Röntgenbestrahlung unterzogen und nach 30 Minuten Einwirkung von künstlichem Tageslicht anhand Abbaurate verglichen. Sowohl für Nifedipin als auch für Tramadol HCl wurde unter Röntgeneinwirkung kein Abbau beobachtet – und das in einem Worst-Case-Scenario von zwei Stunden ununterbrochener Röntgenbelastung. Tramadol HCl blieb auch nach 30 Minuten künstlichem Tageslicht stabil. Nifedipin zeigte dagegen eine zunehmende Photodegradation im Laufe der Zeit von bis zu 10,06 % der gesamten API-Masse.

Uehara et al. führten ähnliche Experimente mit Nifedipin-Tabletten, Acetaminophen, Loxoprophen und Mefenaminsäure durch. Als Prüfparameter wurden Wirkstoffgehalt, Auflösung, Zersetzung, Härte und Farbe festgelegt. Jedes in Blistern verpackte Medikament wurde in fünf Gruppen fraktioniert. Die Fraktionen wurden sukzessive verschiedenen Röntgendosen ausgesetzt: 0 Gy, 0,34 mGy, 0,1 Gy, 0,5 Gy und 300 Gy.

Die Röntgenaufnahme führte zu keiner nennenswerten negativen Veränderung der APIs. Die Ergebnisse zeigten auch, dass die Röntgenexposition die pharmazeutische Qualität hinsichtlich Auflösung, Abbau und Härte in dieser Versuchsreihe nicht beeinflusst hat. Nur Nifedipin hat nach der Einwirkung von Röntgenstrahlung unter Tageslichtbedingungen Farbveränderungen und Zerfallserscheinungen gezeigt, was aber ausschließlich dem Tageslichteffekt auf das UV-instabile Präparat zuzuschreiben ist. Die Röntgenexposition in der Dunkelkammer führte hingegen zu keinerlei Veränderungen. Auch bei den meisten anderen pharmazeutischen Produkten sind bislang keine bekannt. Eine Aluminiumfolienversiegelung ist eine effektive Methode, um Tabletten vor Feuchtigkeit zu schützen und eine Röntgeninspektion ist ein vielversprechendes Verfahren, um die Anwesenheit der Tabletten in Blistern zu überprüfen.

Geringer Energieaufwand, geringe Strahlung

Die Röntgeninspektion wird zusätzlich auch zur Qualitätssicherung von Flüssigkeiten, Gels, Pasten und lyophilisierten Produkten eingesetzt. Bisher wurden dabei keine negativen Auswirkungen auf APIs festgestellt. Dies ist einerseits auf die niedrige Energie der Röntgenstrahlung zurückzuführen und andererseits auf die sehr kurzen Belichtungszeiten. 250 ms Expositionsdauer sind der gängige Standard. Mit niederenergeticher gepulster Röntgentechnologie beträgt sie hingegen maximal 1 ms für jedes geprüfte Produkt.

Röntgen-Inspektionssysteme von HEUFT unterziehen jedes Produkt nur einem zusätzlichen Energieeintrag von maximal 10 µGy und die gemessene Bestrahlung im Inneren der APIs enthaltenden Glasbehälters beträgt aufgrund der Reflexionswirkung der Umverpackung etwa 2,5 µGy. Im Vergleich dazu verursacht ein Flug zwischen Paris und San Francisco durch kosmische Röntgenstrahlung eine Belastung von ca. 110 µGy. Folglich ist nur schwer vorstellbar, dass der Einsatz einer solchen Inspektionslösung mit im Vergleich dazu deutlich niedrigeren Werten zu Qualitätseinbußen führen könnte.

Herstellerverantwortung und physikalische Grenzwerte für Röntgenstrahlen

Zugleich liegt es in der Verantwortung der Pharmahersteller, die Qualität der Arzneimittel beim Einsatz der Röntgentechnologie zu sichern. Die oben genannten Beispiele decken ein breites Spektrum von Arzneimittelformulierungen ab, bieten aber natürlich nicht für jedes geprüfte Produkt ein Qualitätszertifikat. Arzneimittel, die lebende Organismen, Proteine oder andere empfindliche Biopharmazeutika enthalten, sollten nach einer Röntgeninspektion eher auf ihre Integrität und Qualität geprüft werden.

Die meisten Lieferanten von Inspektionsmaschinen unterstützen solche Analysen, aber es bleibt die Aufgabe und Verantwortung der Pharmahersteller, diese Tests zu initiieren. Es ist auch utopisch, die Röntgeninspektion als die ultimative Lösung im Qualitätsmanagement zu betrachten. Auch sie hat ihre Grenzen: Organische Fremdkörper wie Haarfasern oder Materialien mit geringer Dichte wie Kunststofffolie und -fragmente sind im Röntgenbild kaum sichtbar. Glas- und Metallsplitter, die eine deutlich höhere Dichte als das Produkt aufweisen, können dagegen u.a. zuverlässig erkannt werden.
Die meisten Pharmahersteller äußern den Wunsch, Fremdkörper mit einem Durchmesser von 50 µm zu erkennen. Die realistische Größe der zu detektierenden Verunreinigungen liegt allerdings über 200 µm und die Erkennungsrate liegt vorerst unter 70%. Diese Erkennungsleistung ist von vielen limitierenden Faktoren abhängig, vor allem vom Material des Fremdkörpers (organisch, anorganisch, Metall usw.), den physikalischen Eigenschaften des Behälters (Material, Form, Dicke und Transparenz) sowie von der Position des Partikels in Bezug auf die Behälterwände.

Fazit: Ein vielversprechendes Verfahren

Ausgehend von den vorstehenden Informationen lässt sich schließen, dass die gepulste Röntgeninspektion eine vielversprechende Methode ist, um das Vorhandensein und die Unversehrtheit verpackter Arzneimittel zu gewährleisten, die korrekte Füllstandshöhe von Arzneimitteln zu überprüfen und kontaminierende Fremdkörper hoher Dichte in transparenten und nicht-transluzenten Behältern zu erkennen. Aufgrund der kurzen Röntgen-Expositionsdauer sind bisher keine qualitätsmindernden Effekte bekannt und die pharmazeutische Maschinenindustrie neigt dazu, niederenergetische Röntgenstrahlung einzusetzen, um potentiell negative Auswirkungen zu minimieren. Es ist unwissenschaftlich, nach einer Röntgeninspektion, jede mögliche Auswirkung auf die Molekularstruktur eines jeden Medikaments auszuschließen, weshalb es im Falle von Unsicherheiten in der Verantwortung des Pharmaherstellers liegt, die Auswirkungen der Röntgenexposition auf bestimmte sensitive APIs hin zu analysieren.

Samuel Razzak, HEUFT SYSTEMTECHNIK GMBH